NACHWUCHSLEISTUNGSZENTREN
Thiago Calderaro
Die schlechte Leistung der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2000 motivierte den Deutschen Fußballbund (DFB), eine grundlegende Änderung in der Nachwuchsförderung vorzunehmen. Der DFB führte ein zwei-Säulen-Modell ein, vom Verband geführte DFB-Stützpunkte und von Vereinen geführte Nachwuchsleistungszentren (NLZ). Profivereine aus der 1. und 2. Bundesliga wurden verpflichtet ein NLZ aufzubauen. Vereine unterhalb dieser Ligen konnten dies auf freiwilliger Basis tun. Damit strebte der DFB eine Verbesserung der Struktur und Qualität in der Ausbildung junger Fußballspielerinnen und -spieler an.
Kriterien für die Lizenzierung eines ein NLZ
Für die Lizenzierung eines Leistungszentrums müssen die Clubs bestimmte Kriterien erfüllen, die in den Lizenzierungsordnungen festgelegt sind. Dabei gibt es unterschiedliche Voraussetzungen für die Vereine der ersten und zweiten Bundesliga. Die Richtlinien legen detailliert die infrastrukturellen Bedingungen fest, wie z.B. die Ausstattung des Trainingsgeländes, sowie die Qualifikation des Trainingspersonals.
Die drei Säulen eines Leistungszentrums:
1. Management
Strategie
Organisation
Infrastruktur
Personal
2. Fußballentwicklung
Spielphilosophie
Ausbildungsplan
Personal
3. Unterstützung
Medizin
Schule & Beruf
Internat
Soziales & Prävention
Wissenschaftliche Begleitung
Alle Einzelheiten sind hier zu finden.
Die Kommission Leistungszentren besteht aus Mitarbeitenden der Clubs, der DFL und des DFB. Ihre Hauptaufgaben umfassen die Förderung der sportlichen, wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Leistungszentren sowie die Evaluierung der Talentförderung.
Eliteschulen - Kooperationspartner der NLZs
Die Eliteschulen des Fußballs sind spezielle Bildungs- und Förderinstitutionen, die darauf ausgelegt sind, junge Fußballtalente sowohl schulisch als auch sportlich zu fördern. Die Herausforderung besteht darin, dass junge Talente ihre zeit- und belastungsintensiven sportlichen Aktivitäten mit ihrer schulischen Ausbildung vereinbaren müssen, um neben der unsicheren Fußballkarriere auch eine berufliche Perspektive zu haben.
Es gibt 38 Eliteschulen in ganz Deutschland, die ein Netzwerk bilden, um diese doppelte Förderung zu gewährleisten. Darunter befinden sich 11 spezielle Standorte für weibliche Talente, da die Frauen-Bundesligen keine eigenen Nachwuchsleistungszentren besitzen. Die Schulen sind so strukturiert, dass sie den spezifischen Anforderungen der Spielerinnen und Spieler entsprechen, indem sie individuell angepasste Trainingspläne und schulische Unterstützung wie Hausaufgabenbetreuung und flexible Klausurtermine anbieten.
NLZs in Deutschland (Stand 23/24)
1. Bundesliga (18)
1. FC Heidenheim 1846
1. FC Köln
1. FC Union Berlin
1. FSV Mainz 05
Bayer 04 Leverkusen
Borussia Dortmund
Borussia Mönchengladbach
Eintracht Frankfurt
FC Augsburg
FC Bayern München
RB Leipzig
Sport-Club Freiburg
SV Darmstadt 98
SV Werder Bremen
TSG Hoffenheim
VfB Stuttgart
VfL Bochum 1848
VfL Wolfsburg
2. Bundesliga (18)
1. FC Kaiserslautern
1. FC Magdeburg
1. FC Nürnberg
Eintracht Braunschweig
F.C. Hansa Rostock
FC Schalke 04
FC St. Pauli
Fortuna Düsseldorf
Hamburger SV
Hannover 96
Hertha BSC
Holstein Kiel
Karlsruher SC
SC Paderborn 07
SpVgg Greuther Fürth
SV Elversberg
SV Wehen Wiesbaden
VfL Osnabrück
3. Liga (14)
1. FC Saarbrücken
Arminia Bielefeld
FC Erzgebirge Aue
FC Ingolstadt 04
Hallescher FC
MSV Duisburg
Rot-Wess Essen
SpVgg Unterhaching
SSV Jahn Regensburg
SSV Ulm 1846 Fußball
SV Sandhausen
SG Dynamo Dresden
TSV 1860 München
Viktoria Köln
Regionalliga (8)
Chemnitzer FC
FC Energie Cottbus
FC Carl Zeiss Jena
FSV Frankfurt
Kickers Offenbach
FC Rot-Weiß Erfurt
SV Meppen
SV Stuttgarter Kickers
Umstrukturierung im NLZ des FC St. Pauli
Als Teil der "Rebellution" Strategie wird ab der Spielzeit 2024/25 das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des Clubs seine Struktur grundlegend ändern, indem es die traditionelle jahrgangsspezifische Teamorientierung aufgibt und stattdessen eine entwicklungsspezifische Einteilung einführt.
Die neue Struktur umfasst drei übergreifende Ausbildungslevel, die nicht mehr strikt nach Altersklassen gegliedert sind, sondern sich nach dem Entwicklungsstand der Spieler richten: U12 und U13, U14 und U15 sowie U17 und U19. Diese Herangehensweise ermöglicht es, Trainings- und Spieltage flexibel und individuell zu gestalten, basierend auf den spezifischen Entwicklungsbedürfnissen der Spieler. Im Zuge dieser Neustrukturierung wird der Club keine U16-Mannschaft mehr für den Spielbetrieb melden und sich stattdessen auf die Förderung in den anderen genannten Altersklassen konzentrieren.
Ziel dieser Umgestaltung ist es, eine intensivere und individuellere Betreuung der Spieler zu ermöglichen, wobei der Schwerpunkt auf der persönlichen Entwicklung jedes einzelnen Talents liegt. Durch die Reduzierung der Anzahl der Teams in bestimmten Altersbereichen (speziell des U16-Teams) wird ein besseres Betreuungsverhältnis in den älteren Jugendklassen angestrebt, was den Trainern erlauben soll, noch gezielter auf individuelle Bedürfnisse einzugehen.
Sollten mehr Nachwuchsakademien diesem Modell folgen?
Erwartungsdruck - Die Schattenseite der NLZs
Weniger als ein Prozent der jungen Talente, die ihre Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren der Bundesligavereine beginnen, schaffen es letztendlich in den Profibereich. Sie müssen dabei einen harten Auswahlprozess durchlaufen. Der Druck, der auf diesen Kindern und Jugendlichen lastet, ist enorm. Laut einer Studie von Dr. Arne Güllich der der TU Kaiserslautern zeigen 50% der aus den NLZs aussortierten Spielerinnen und Spieler Belastungen, wie u.a. Depressionen oder Burnout, die einer therapeutischen Behandlung bedürfen. Mithilfe der sportpsychologischen Betreuung in den NLZs soll dem entgegen gewirkt werden. Spannende Einblicke in die sportpsychologische Arbeit im NLZ bietet der Sport Inside Podcast.
Quellen
1. https://munichkickers.de/2023/10/01/was-ist-ein-dfb-nlz-bundesliga/
3. https://www.dfb.de/sportl-strukturen/talentfoerderung/eliteschulen-des-fussballs/
4. https://www.leistungszentren.de/
5. https://www.fcstpauli.com/news/umstrukturierung-im-nlz-des-fc-st-pauli-zur-neuen-saison-2425/
Gender Erklärung
In diesem Artikel wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechter Identitäten werden dabei mit einbezogen, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
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