DFB-TRAINERAUSBBILDUNGSREFORM 2022
Thiago Calderaro
2022 führte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine weitreichende Reform der Trainerausbildung durch, die tiefgreifende Veränderungen im Lizenzsystem mit sich brachte. Diese Reform hat eine Debatte ausgelöst, vor allem unter jungen, ambitionierten Trainerinnen und Trainern, die sich von einem System zurückgesetzt fühlen, das hohe Hürden aufbaut und den Zugang zu professionellen Trainerlizenzen einschränkt.
Die Punktevergabe demotiviert
Einer der Hauptkritikpunkte am neuen System ist das Punktesystem, das in seiner aktuellen Form erhebliche Vorteile für ehemalige Profispieler und Akademiker mit sportwissenschaftlichem Hintergrund bietet. Zum Beispiel erhalten Ex-Profis automatisch fünf Punkte für jede Saison, die sie in der Bundesliga gespielt haben, während ein Master-Abschluss in Sportwissenschaften 15 Punkte einbringt. Im Gegensatz dazu wird langjährige Trainingsarbeit auf niedrigeren Ebenen, wie das Trainieren eines Oberligavereins, nur mit einem Punkt pro Saison belohnt. Diese Ungleichgewichtung führt dazu, dass erfahrene Trainerinnen und Trainer aus dem Amateur- oder semi-professionellen Bereich benachteiligt werden.
Kostenexplosion bei den Lizenzgebühren
Die Kosten für die Trainerlizenzen sind seit der Reform sprunghaft angestiegen. Die Kosten für die Pro-Lizenz, die für das Training von Profi- und Nationalmannschaften erforderlich ist, liegen nun bei 19.000 Euro, zuzüglich Übernachtungen und Nebenkosten. Vor der Reform waren es noch 13.000 Euro. Selbst die A-Lizenz, die für die Regionalliga benötigt wird, kostet jetzt 6.000 Euro, ein signifikanter Anstieg gegenüber dem alten Preis von 850 Euro. Diese Preiserhöhungen machen die Trainerausbildung für viele engagierte und talentierte Trainerinnen und Trainer finanziell unerreichbar und schränken die Diversität erheblich ein.
Monopolstellung und Marktbeherrschung des DFB
Der DFB kontrolliert nicht nur die Vergabe der Lizenzen, sondern auch die Preise und hat damit eine Monopolstellung inne. Dies wirft Fragen hinsichtlich der Fairness und Offenheit des Systems auf. Durch die Reduzierung der verfügbaren Plätze und die hohen Kosten wird vielen potenziellen Top-Trainern die Möglichkeit verwehrt, ihr volles Potenzial zu entfalten. Beispielsweise hat der DFB die Zahl der Pro-Lizenzen von 24 auf 16 reduziert, was die Organisation als Maßnahme für mehr Qualität und individuellere Betreuung rechtfertigt.
Intransparenz und Ungerechtigkeit im Auswahlprozess
Das neue Konzept der Bonusplätze, die durch Empfehlungsschreiben vergeben werden, wird als intransparent und potenziell unfair angesehen. Diese Praxis, die oft als "Vetternwirtschaft" interpretiert wird, macht es schwer nachzuvollziehen, nach welchen Kriterien diese Empfehlungen letztendlich bewertet und Plätze zugeteilt werden. Beispielsweise erhielt der Trainer Marc Unterberger von der SpVgg Unterhaching einen solchen Bonusplatz, trotz fehlender ausreichender Punktzahl.
Fazit: Die Notwendigkeit einer weiteren Reform
Die Trainerausbildung beim DFB sollte die Qualität der deutschen Trainerinnen und Trainer verbessern und gerechtere Zugangschancen schaffen. Stattdessen sehen sich viele mit einem System konfrontiert, das finanziell und strukturell unzugänglich ist und das Talent an der Basis möglicherweise ungenutzt lässt. Es bleibt zu hoffen, dass der DFB auf die Kritik reagiert und Anpassungen vornimmt, um ein faires und inklusives Ausbildungssystem zu gewährleisten, das allen Trainerinnen und Trainern unabhängig von ihrer finanziellen Lage oder ihrem früheren professionellen Hintergrund gerecht wird.
Die neuen Lizenzen im Überblick
Kindertrainer*in Zertifikat
DFB-Junior-Coach
DFB-Basis-Coach
C Lizenz (UEFA C)
B Lizenz (UEFA B)
B+ Lizenz (UEFA YOUTH B)
A Lizenz (UEFA A)
A+ Lizenz (UEFA ELITE YOUTH A & UEFA A)
Pro Lizenz (UEFA PRO)
Quellen
https:www.youtube.com/watch?v=uNd5H5jB0Og
https://www.dfb-akademie.de/entwicklungstreppe-fuer-trainerinnen/-/id-11009546/
Gender Erklärung
In diesem Artikel wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechter Identitäten werden dabei mit einbezogen, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
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